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Das Thema „Landwirtschaft“ und dessen Umsetzung im Lehrwerk „Mensch und Raum 9, Realschule Bayern“.

Das Schulbuch „Mensch und Raum 9, Realschule Bayern“ wurde 2004 vom Cornelsen Verlag veröffentlicht und ist als Lehrwerk für den Einsatz im Erdkundeunterricht der 9. Jahrgangsstufe der Realschule Bayern bestimmt. Ergänzend zum Schulbuch ist ein Lehrerhandbuch mit Kommentaren, Lösungen und Kopiervorlagen vorhanden. Das Thema „Landwirtschaft“ wird in diesem Lehrwerk im Kapitel „Landwirtschaft und Ernährung“ behandelt.

Lernziele und Kompetenzen im Rahmen des Kapitels „Landwirtschaft und Ernährung“

Im Kapitel „Landwirtschaft und Ernährung“ sollen Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen der Unterthemen „konventionelle und ökologische Landwirtschaft, wichtige Nahrungsmittel, Agrarpolitik der EU, Ursachen ungleicher Ernährung, Hunger- und Überschussgebiete und Möglichkeiten der Ernährungssicherung“ angebahnt werden. Die inhaltliche Schwerpunktsetzung stimmt somit mit den Vorgaben des Lehrplans für die 9. Jahrgangsstufe für das Fach Erdkunde überein. Das im Lehrplan benannte Grundwissen, das bis zum Ende der 9. Klasse erreicht werden soll, wird im Lehrwerk exakt umgesetzt. Die angestrebten Grundkenntnisse „räumliche Auswirkungen wirtschaftlicher Prozesse“, „Zielsetzungen der Agenda 21“ sowie die Grundeinstellung „sich der Grenzen der Tragfähigkeit der Erde bewusst sein“ werden im Schulbuch durch das Kapitel „Landwirtschaft und Ernährung“ adressiert.

Analyse

Aufbau des Kapitels

Das Kapitel „Landwirtschaft und Ernährung“ beginnt mit einer Panoramadoppelseite auf der neben der Direktvermarktung von Ökoprodukten, Bilder von einem Genlabor in Potsdam, die Ernte von Futtermais und Reisterrassen in Nordvietnam gezeigt werden. Auf der ersten thematischen Doppelseite zum Thema „Unterschiedliche Wege: konventionelle und ökologische Landwirtschaft“ werden anhand eines Streitgespräches und unterstützender Grafiken, Tabellen und Bilder die Unterschiede zwischen diesen beiden Wirtschaftsformen aufgezeigt. Die Schülerinnen und Schüler sind hier gefragt, die Argumente für konventionelle und ökologische Landwirtschaft aus einem Streitgespräch von Landwirten herauszufiltern und diese miteinander zu vergleichen. Im Folgenden findet die Thematisierung von weltweit wichtigen Nutzpflanzen statt. Die Bedeutung von Getreide für die Welternährung sowie die Zusammensetzung der Nahrung in verschiedenen Teilen der Erde sollen untersucht werden. Im Anschluss daran findet wieder ein Maßstabswechsel auf die europäische Ebene statt. Die Agrarpolitik der EU, insbesondere die Agenda 2000 und Probleme, die durch die Osterweiterung für den Agrarmarkt entstehen, sind im Fokus der Betrachtung und sollen von den Schülerinnen und Schülern beschrieben und beurteilt werden. Auf der folgenden Doppelseite „Die einen essen zu viel - die anderen haben zu wenig“ wird das weltweit ungleiche Nahrungsangebot beleuchtet sowie die Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion. Im Zusammenhang hiermit steht die Thematik „Die Ursachen der ungleichen Versorgung“, die anschließend behandelt wird. Neben Ursachen von Hunger, werden Standortansprüche und der Wettlauf zwischen Bevölkerungswachstum und der Erzeugung von Nahrungsmitteln angesprochen. Letzter inhaltlicher Schwerpunkt des Kapitels ist das Thema „Möglichkeiten der Ernährungssicherung“. Auf zwei Doppelseiten wird über Gentechnik und nachhaltige Landwirtschaft als Lösungsansätze berichtet, die von den Schülerinnen und Schülern beurteilt und in Bezug zur Sicherung der Ernährung der Weltbevölkerung gestellt werden sollen. Der Abschluss des Kapitels ist eine Rätsel-Seite, die zur Wiederholung und Vertiefung des Gelernten genutzt werden kann.

Reflexion

Auf der ersten thematischen Doppelseite zur konventionellen und ökologischen Landwirtschaft fällt zunächst auf, dass die Grafik zur ökologischen Landwirtschaft einfach betitelt ist mit den Worten „ökologische Landwirtschaft“, die Grafik zur konventionellen Landwirtschaft erhält die Bezeichnung „Probleme und Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft“. Eine einheitlich objektive Bezeichnung der Grafiken wäre wünschenswert, da die Schülerinnen und Schüler vermutlich durch die Betitelung beeinflusst werden können. Zudem wird in der Grafik zur konventionellen Landwirtschaft die Tierhaltung als „artfremde Haltung“ bezeichnet, die die Gesundheit der Tiere belastet. Darüber hinaus werden Gesundheitsrisiken für Anwohner, Überdüngung von Ackerflächen sowie Belastung des Grundwassers und weitere Probleme aufgezeigt. Die Grafik zur ökologischen Landwirtschaft bezeichnet die Tierhaltung als „artgemäß“. Eine fachliche Erläuterung der Begriffe „artfremd“ und „artgemäß“ erfolgt nicht. Sie kann höchstens aus dem Kontext des Streitgespräches abgeleitet werden. Probleme in Bezug auf die ökologische Landwirtschaft werden nicht thematisiert. Wenngleich die Ursachen-Folgen-Betrachtung von Sachverhalten für das schulische Lernen von hoher Bedeutung ist, sollte jedoch auf eine sachgerechte Darstellung geachtet werden, die Vor- und Nachteile beider Landwirtschaftsformen beleuchtet.

Die Abbildung „Bauern und Ökobauern – Zahlen und Preise“, der beiden Landwirtschaftsformen im Vergleich, die aus den Jahren 2002/2003 stammt und veranschaulicht, dass der Gewinn pro Betrieb in der ökologischen Landwirtschaft um etwa 18 Prozent höher ist, steht ohne weitere Erläuterungen und Textbezug. Da die Zahlen nicht mehr aktuell sind und nur ein kleiner Ausschnitt von Zahlen in den Bereichen Materialaufwand, Erträge und Preise dargestellt wird, wird eine korrekte Schlussfolgerung der Schülerinnen und Schüler vermutlich erschwert.

Das im Lehrplan geforderte Wissen „positive Aspekte und Probleme von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft“ (S.3) im Rahmen des Themas „Deutschland und seine Einbindung in die Welt“ zu vermitteln, erfolgt nicht vollständig. Eine einleitende, grundlegende Darstellung der Haltungsformen und Produktionsweisen auf dieser Doppelseite wäre sinnvoll.

Das Thema „Agrarpolitik der EU“ gibt den Schülern einen Überblick über die ursprüngliche Agrarpolitik der EU, untersetzt wird der Text mit zahlreichen Infografiken, Tabellen und einer Karikatur. Der Abschnitt die „Agenda 2000 und die Neuausrichtung der Agrarpolitik“ ist nicht mehr zeitgemäß und somit nimmt seine Bedeutung für die unterrichtliche Behandlung ab. Die Osterweiterung der europäischen Union wird problematisierend beschrieben und durch die Aufgabenstellung „Welche Probleme könnten durch die Osterweiterung auf den Agrarmarkt der EU zu kommen?“ noch untermauert. Insgesamt ist für die Umsetzung des im Lehrplan geforderten Ziels „Die Schülerinnen und Schüler kennen die Einbindung der Landwirtschaft in die EU sowie die Förderung und Beschränkung der Produktion“ (S.3) eine Aktualisierung der Materialien erforderlich.

Auf den weiteren Doppelseiten des Kapitels erfolgt wie vom Lehrplan verlangt eine Darstellung der weltweiten Versorgung mit Nahrungsmitteln, sodass Hunger- und Überschussgebiete sowie Ursachen der ungleichen Nahrungsverteilung thematisiert werden. Da sich die Tabellen, die die Inhalte der Texte unterstützen und ergänzen, zum Teil auf die Jahre 1998/1999 beziehen, ist auch hier eine Aktualisierung erforderlich, um den Schülerinnen und Schülern ein aktuelles Bild zur weltweiten Versorgung mit Nahrungsmitteln vermitteln zu können.

Die Seiten zur Thematik der Ernährungssicherung weisen einen hohen Umfang von Texten auf. Das vernetzte Denken wird auf diesen beiden Doppelseiten angeregt durch die Aufgabenstellungen, da die Schülerinnen und Schüler gefordert sind, eine eigene Beurteilung zur Sicherung der Ernährung der Weltbevölkerung zu verfassen.

Die Rätsel-Doppelseite am Schluss des Kapitels, ermöglicht die Wiederholung und Vertiefung des Gelernten. Um das geforderte Grundwissen anzubahnen, wäre es zusätzlich wünschenswert, den regionalen Aspekt des Themas „Landwirtschaft“ aufzugreifen, indem auch Anregungen und Tipps zum außerschulischen Lernen bereitgestellt werden (z.B. Erkundung eines landwirtschaftlichen Betriebs).

Zusammenfassend ist eine Aktualisierung des Kapitels angebracht, damit den Schülerinnen und Schülern eine zeitgemäße und aktuelle Bildung im Themenbereich ermöglicht wird. Dieses schlägt sich auch in der didaktischen-methodischen Aufbereitung nieder. Es werden kaum konkrete Bezüge zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler aufgezeigt. Die Lernmaterialien enthalten sehr viele Texte und kaum andere methodische Elemente wie Erkundungs- und Recherchemöglichkeiten oder Hinweise auf andere Medien.

 

 

 

 

Steckbrief

 

Verlag

Cornelsen Verlag

ISBN

978-3-464-65605-1

Buchtitel

Mensch und Raum 9, Realschule Bayern

Auflage / Jahr

1. Auflage, 4. Druck 2011

Preis

22,95 Euro

Bundesland

Bayern

Unterrichtsfach

Erdkunde

Schulformen

Realschule

Klassenstufe(n)

9

Format

26,2 cm x 19,2 cm

Anzahl Seiten insgesamt

136

Anzahl Seiten Landwirtschaft

18

Titel des landwirtschaftlich bezogenen Kapitels

Landwirtschaft und Ernährung

Anregungen zum außerschulischen Lernen

Methodische Hinweise und Tipps zur Erkundung des Nahraumes

Bildmaterial

§  Grafiken und Diagramme beziehen sich überwiegend auf statistische Daten von 2000 bis 2003

§  Grafiken und Diagramme sind aussagekräftig

Besonderheiten

§  Ergänzend steht ein Lehrerhandbuch mit Kommentaren, Lösungen und Kopiervorlagen zur Verfügung (18,90Euro)

§  Das Buch ist nach dem bayerischen Lehrplan an Realschulen für das Fach Erdkunde für die Jahrgangsstufe 9 ausgerichtet

 

Literatur- und Quellenverzeichnis:

Hartl, M. /Meyer, L. / Prusko, H. / Rudyk, E. (2004): Mensch und Raum 9. Realschule Bayern. Berlin: Cornelsen Verlag

Cornelsen Verlag (2015): Mensch und Raum. Geographie Realschule Bayern - Bisherige Ausgabe. Verfügbar unter: http://www.cornelsen.de/lehrkraefte/reihe/r-3328/ra-4148/titel (Letzter Aufruf: 2015-07-18).

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München (2003): Erdkunde Jgst. 9. Fach- /Jahrgangsstufenlehrplan (Ebene 3) Verfügbar unter: https://www.isb.bayern.de/download/8696/ek9.pdf (Letzter Aufruf: 2015-07-18).

Autorinnen

Dorothee Belling und Gabriele Diersen, Abteilung „Lernen in ländlichen Räumen und Umweltbildung, ISPA, Universität Vechta